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Keine Angst vor „Kollege Roboter“

Im Blickpunkt
von Dr. Heino Klingen

14.11.2018

Das Saarland ist stolz darauf, dass es nach wie vor ein Industrieland ist. Zu Recht: Mit Anteilen von rund 27 Prozent an der Bruttowertschöpfung und 25 Prozent an der Beschäftigung hat die Industrie bei uns ein deutlich höheres Strukturgewicht als in anderen Bundesländern. Nur Baden-Württemberg und Bayern verfügen über einen ähnlich starken industriellen Kern.

Einen hohen Industrieanteil zu haben, ist in der globalisierten Welt ein großer Vorteil. Denn bei freiem Welthandel ist die Industrie Garant für Wachstum und Beschäftigung, Motor für Innovationen und Treiber für neue Dienstleistungen. Mit anderen Worten: Wo eine strukturbestimmende Industrie floriert, profitieren Dienstleister, Handwerker und der lokale Einzelhandel. Es kommt also nicht von ungefähr, dass Baden-Württemberg und Bayern die Dauerchampions im jährlichen Wachstumsranking der Bundesländer sind.

Dass das Saarland hier eine Ausnahme bildet und beim Wachstum schon seit Jahren nicht mit den Besten in einer Liga spielen kann, liegt an saarspezifischen Bedingungen. Etwa an der stark rückläufigen Bevölkerung und zu geringen öffentlichen Investitionen. Schließlich resultiert das Wachstum aus den Zuwächsen im Außenhandel, der privaten und staatlichen Investitionen sowie des Verbrauchs der Bevölkerung. Wenn drei von diesen vier Komponenten dauerhaft schwächeln, dann ist auch von der stärksten Exportwirtschaft nicht viel mehr als Schadensbegrenzung zu erwarten.

Bemerkenswert ist allerdings auch, dass die Arbeitslosigkeit an der Saar trotz der nachhaltigen Wachstumsschwäche in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist. Mit 5,9 Prozent liegt sie gegenwärtig auf dem niedrigsten Stand seit Anfang der achtziger Jahre.

Roboter, Computer und Algorithmen – Chancen für die Zukunft

Aber was, wenn Roboter, Computer und Algorithmen künftig immer mehr Jobs übernehmen können? Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg ging dieser Fragestellung in einer aktuellen Studie nach. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass immer mehr Berufe im Zuge des fortschreitenden technologischen Wandels durch Computer oder computergesteuerte Maschinen ersetzt werden können. Allerdings wirkt sich diese Entwicklung von Bundesland zu Bundesland höchst unterschiedlich aus.

So streuen die regionalen Anteile der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die in einem Beruf arbeiten, in dem ein Großteil der Tätigkeiten schon heute von Computern oder computergesteuerten Maschinen übernommen werden können, zwischen 15 Prozent in Berlin und 30 Prozent im Saarland. Unser Land hat damit vor Thüringen (29,3 Prozent) und Baden-Württemberg (27,9 Prozent) die meisten Beschäftigten in Berufen mit hoher Ersetzbarkeit. Das liegt vor allem daran, dass hierzulande überdurchschnittlich viele Beschäftigte in der Industrie arbeiten und diese vor allem Berufe ausüben, die vergleichsweise leicht substituierbar sind. Anders ausgedrückt: Das Saarland ist nun mal in erster Linie ein Produktionsstandort. Nicht oder kaum ersetzbare Tätigkeiten aus den Bereichen Marketing, Vertrieb oder Forschung und Entwicklung haben hier nicht die gleiche Bedeutung wie in Bayern oder Baden-Württemberg.

Das hört sich bedrohlicher an als es ist. Denn dass ein Großteil der Tätigkeiten ersetzt werden kann, heißt nicht, dass entsprechend viele Arbeitsplätze wegfallen (müssen). A priori besagt der Befund zunächst nur, dass hier Produktivitätspotenziale schlummern. Diese zu heben, ist – gerade in Zeiten des demografischen Wandels mit immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter –ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft. Denn je produktiver ein Land ist, desto höher ist seine Wettbewerbsfähigkeit und umso verheißungsvoller sind seine Aussichten auf weiteres Wachstum und neue Arbeitsplätze. Nicht unbedingt in der Industrie, aber in der IT-Wirtschaft, im Kommunikationssektor, im Gesundheitswesen oder im Bildungsbereich.

Die Zukunft beginnt jetzt


Allerdings entsteht auch Anpassungsbedarf. Dem muss das Land Rechnung tragen. Natürlich mit attraktiven Förderangeboten zur Weiterbildung. Aber auch dadurch, dass die Landesregierung möglichst rasch das im Koalitionsvertrag angekündigte Zukunftskonzept zur Standortaufwertung auf den Weg bringt. Denn nur wenn die Standortbedingungen an der Saar wenigstens so gut sind wie in anderen Regionen, wird die Digitalisierungsdividende auch im Saarland investiert. Eine ganz wichtige Rolle kommt hier auch den Kommunen zu. Derzeit muten sie der saarländischen Wirtschaft mit bundesweit überdurchschnittlich hohen Gewerbesteuerhebesätzen eine Sonderlast in Höhe von rund 45 Millionen Euro zu. Das passt nicht in die internationale Steuerlandschaft und konterkariert die Bemühungen der Landesregierung zur Standortaufwertung.

Die industrielle Zukunft des Saarlandes hängt aber auch davon ab, wie gut wir es schaffen, unsere Forschungslandschaft noch stärker mit der Wirtschaft zu vernetzen. René Obermann hat hierfür kürzlich im Handelsblatt die Gründung von „wissenschaftlich-unternehmerischen Kombizentren“ angeregt. Er versteht darunter die Zusammenführung von technologischer Forschung mit der Förderung von regionalen Unternehmen. Diese Idee sollten wir aufgreifen und mit Blick auf die Gründung einer gemeinsamen Kooperationsplattform von HTW, Uni und Forschungsinstituten zur Erleichterung und Beschleunigung des Wissenstransfers in die Wirtschaft hinein weiterentwickeln. Damit kämen wir dem Ziel, noch mehr Forschungs-PS auf unsere Straßen zu bringen, ein gutes Stück näher.