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Mehr Kinder und Jugendliche für Technik begeistern!

Standpunkt
Von Volker Giersch

08.07.2015

Techniker und Ingenieure zählen seit längerem zu den Mangelberufen in Deutschland. Das ist inzwischen hinlänglich bekannt. Und es trifft leider gerade auch auf uns im Saarland zu. Das schmerzt. Denn unser Land braucht aufgrund seiner hohen Industriedichte besonders viele Techniker und Ingenieure. Und wir wissen ja: Die Ingenieurskunst entscheidet mehr denn je über die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie. Insofern ist konsequent und richtig, dass Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger das Saarland zum „Land der Techniker und Ingenieure“ machen will. Dem müssen jetzt rasch konkrete Taten folgen. Nicht nur die Politik – auch die Eltern und Lehrer, die Unternehmen, die Wirtschaftsorganisationen und die Hochschulen sind gefordert.

Hilfreich ist gewiss, dass die Arbeitsmarktchancen für Techniker und Ingenieure seit Jahren bereits besser sind als in den meisten anderen Berufen. Und dass sie sich im Zuge des demografischen Wandels künftig noch weiter verbessern werden. Denn die Zahl der jungen Menschen wird in den kommenden Jahren drastisch sinken. Deutschlandweit ist bei den 15- bis 25jährigen bis 2030 mit einem Rückgang um gut 12 v. H. zu rechnen. Im Saarland dürfte das Minus sogar rund 20 v. H. betragen. Da ist schon jetzt absehbar, dass sich die Lage gerade in den Engpassberufen weiter zuspitzen wird – und dass damit entsprechend positive Auswirkungen auf die Einstiegs-, Aufstiegs- und Gehaltschancen verbunden sind.

Umso mehr verwundert, dass nach wie vor zu wenig junge Menschen bereit sind, einen technischen Beruf zu erlernen oder ein Ingenieurstudium zu beginnen. Fakt ist jedenfalls, dass die Zahl der Jugendlichen, die Wirtschaftswissenschaften, Jura oder Germanistik studieren, fast doppelt so hoch ist wie die Zahl derer, die sich in Maschinenbau, Elektrotechnik oder Informatik einschreiben. Zudem fehlt es an jungen Menschen, die im dualen System einen technischen Beruf erlernen wollen – Industriemechaniker, Mechatroniker oder Elektriker etwa.

Auffallend ist, dass insbesondere die Mädchen Ingenieurstudiengänge und technische Berufe weitgehend meiden. Sie wollen, wenn sie eine duale Ausbildung suchen, zuallererst Kauffrau, Verkäuferin, Medizinische Fachangestellte oder Friseurin werden. Unter den TOP 10-Ausbildungsberufen, die Frauen wählen, findet sich kein einziger technischer Beruf. Ähnlich ist es bei der Wahl des Studienfachs. Hier liegen die Fächer Wirtschaftswissenschaften, Germanistik, Jura, Pädagogik und Psychologie ganz vorne. Unter den zehn beliebtesten Studiengängen findet sich kein einziges technisches Fach.

In den Kindergärten und Schulen beginnen

Wo müssen wir ansetzen? Zu allererst in den Kindergärten und Schulen. Schon dort muss es in den nächsten Jahren gelingen, mehr Kinder und Jugendliche für Technik zu begeistern. In den Schulen wird es darauf ankommen, den Unterricht in den MINT-Fächern so zu gestalten, dass er die Faszination von Technik und Naturwissenschaften besser als bisher vermittelt. Zugleich gilt es, die Berufsorientierung weiter zu verbessern und dabei die guten Chancen in den technischen Berufen angemessen in den Fokus zu rücken. Zum Teil geschieht das zwar bereits. Aber wir sind vom Ziel noch weit entfernt. Vielleicht hilft hier ja, dass in Kürze auch im Saarland das „Berufswahlsiegel“ verliehen wird, das Schulen mit einer besonders guten Berufsorientierung auszeichnet. Die Wirtschaftsorganisationen – darunter unsere IHK – haben bereits zugesagt, sich hier auch finanziell zu engagieren.

In den Kindergärten, Horten und Grundschulen sind wir mit der bundesweiten Initiative "Haus der kleinen Forscher" auf gutem Weg. ME Saar ist regionaler Partner im Saarland. In rund der Hälfte der saarländischen Kitas und in 50 Grundschulen wird dadurch auf spielerische Weise Neugierde und Begeisterung für naturwissenschaftliche Phänomene und technische Fragestellungen geweckt.

Nötig ist es zudem, junge Menschen auch außerhalb der Kindergärten und Schulen für Technik und Naturwissenschaften zu interessieren. Dazu wurden in den letzten Jahren außerschulische Lernorte wie die Wissenswerkstatt Saarbrücken und die Schülerforschungszentren Saarlouis, St. Ingbert und Merzig ins Leben gerufen. In Saarbrücken und Saarlouis war unsere IHK ebenso wie mehrere Unternehmen Gründungsmitglied. Sie wirkt seither auch in den Lenkungsgremien mit. Gut wäre, wenn bald ähnliche Initiativen in den übrigen Kreisen folgen. Unsere IHK wird auf Wunsch auch dort Starthilfe leisten.

In die Kategorie „außerschulische Lernorte“ gehören auch die Schülerlabore an Saar-Universität und an der Hochschule für Technik und Wirtschaft. Auch sie tragen dazu bei, den Forscherdrang junger Menschen zu fördern und ihnen zu helfen, ihre Talente zu entdecken. Die regionale Wirtschaft ist auch hier unterstützend dabei.

Eine lange Tradition hat bereits der Wettbewerb „Jugend forscht“, der alljährlich bundesweit und in den einzelnen Ländern stattfindet. Unsere IHK ist seit 10 Jahren Partner des Wettbewerbs hier im Land. Nicht nur der Wettbewerb selbst, auch die gute Resonanz in Politik, Wirtschaft und Medien trägt wirksam dazu bei, das Interesse von Jugendlichen an mathematisch-naturwissenschaftlicher und ingenieurwissenschaftlicher Forschung zu fördern.

Technik und Forschung live erleben!

Wie spannend und vielseitig technische Berufe in der Praxis sind, das vermittelt auf sehr anschauliche Weise die „Lange Nacht der Industrie“, die unsere IHK gemeinsam mit ME Saar durchführt. Jahr für Jahr können hier rund 1.000 meist junge Menschen Industrie live erleben – gerade auch im Bereich von Produktion, Technik und Entwicklung. Die Unternehmen präsentieren sich zugleich als attraktive Arbeitgeber. Positiv hervorzuheben ist, dass der Anteil weiblicher Teilnehmer in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen ist. Bleibt zu hoffen, dass sich dieser Trend auch in Zukunft so fortsetzen wird.

Ebenfalls einmal im Jahr laden ME Saar und der Verein ALWIS zum Aktionstag „Mädchen und Technik“ ein. Mädchen im Alter zwischen 14 und 19 Jahren können an diesem Tag an den Forschungsarbeiten und besonderen Aktionen des Zentrums für Mechatronik und Automatisierungstechnik (ZeMA) teilnehmen. In vier parallel laufenden einstündigen Workshops können sich die Teilnehmerinnen insbesondere über die spannenden Inhalte der MINT-Berufszweige informieren.

Auch die Unternehmen engagieren sich zunehmend, jungen Menschen die Faszination von Technik praxisnah zu vermitteln. Ein Beispiel von vielen ist das Programm „Begeisterung Technik“, das das Industrieunternehmen Festo an sechs Samstagen in seiner Lehrwerkstatt anbietet.

Auf die Liste der positiven Beispiele gehört auch das Projekt „Roberta - Lernen mit Robotern“. Diese Initiative der Fraunhofer Gesellschaft zielt darauf ab, das Interesse und die Motivation insbesondere von Mädchen für Informatik, Technik und Naturwissenschaften nachhaltig zu fördern – dadurch, dass Lehrkräfte und andere pädagogische Fachkräfte dabei unterstützt werden, Technik spannend zu präsentieren.

Juniorstudium hilft, Begabung zu testen

Auf Hochschulebene ist neben den Schullaboren das „Juniorstudium“ zu begrüßen, das die Saar-Uni anbietet. Es bietet ausgewählten Schülerinnen und Schülern mit ausgeprägter Begabung und hoher Motivation die Möglichkeit, parallel zu den Klassenstufen 11 und 12 einen individuellen Studienumfang bis zu maximal einem vollen Studienjahr an der Universität zu absolvieren. Ein Schwerpunkt liegt in den mathematisch-technischen Fächern.

Um bereits kurzfristig Erfolge zu erreichen, ist es nötig, das Marketing für technische Ausbildungsgänge und Ingenieurstudiengänge zu verstärken. IHK und ME Saar werden sich hier künftig noch stärker engagieren. Die Sonderbeilage „Deine Chance im Saarland: Werde Ingenieur oder Ingenieurin“ war erst der Anfang. Schon bald wird die IHK eine Kampagne für die duale Ausbildung starten, die gerade auch die  guten Chancen in technischen Berufen deutlich machen wird.

Wenn wir die Verfügbarkeit von Ingenieuren verbessern wollen, gehört dazu zwingend als der wohl wichtigste Faktor, dass unsere Hochschulen jungen Menschen ein attraktives Angebot an Ingenieurstudiengängen unterbreiten. An der Saar-Uni gibt es hier durchaus noch Handlungsbedarf. Darauf haben wir wiederholt und eindringlich hingewiesen. An der HTW sind wir dagegen bereits auf einem guten Weg.

Was insgesamt geschieht, dem Techniker- und Ingenieurmangel entgegen zu wirken, ist ohne Frage beachtlich. Klar sein sollte dennoch, dass wir unsere Anstrengungen noch deutlich verstärken müssen, wenn wir nicht nur in Worten, sondern auch in Taten das Land der Techniker und Ingenieure werden wollen. Die IHK wird dabei eine treibende Kraft bleiben.